Was macht man mit Kindern in der Pubertät, die nicht hören wollen?

Die Pubertät ist eine Phase tiefgreifender Veränderungen, die sowohl für die Heranwachsenden als auch für ihre Eltern und Bezugspersonen herausfordernd sein kann. In dieser Zeit, die meist zwischen dem 10. und 18. Lebensjahr beginnt, erleben Jugendliche nicht nur körperliche, sondern auch emotionale, soziale und geistige Entwicklungen. Diese Übergangsphase ist oft von Unsicherheiten, Konflikten und einem zunehmenden Bedürfnis nach Unabhängigkeit geprägt. Eltern und Erziehungsberechtigte stehen vor der Aufgabe, ihren Kindern den notwendigen Freiraum zu gewähren und gleichzeitig die Verantwortung für deren Erziehung und Entwicklung zu übernehmen. Dabei treten häufig bestimmte Probleme auf, die eine gute Kommunikation und gegenseitiges Verständnis erfordern.

Häufige Probleme im Umgang mit pubertierenden Kindern:

Widerspruchsgeist und Rebellion

Jugendliche neigen dazu, Autorität und bestehende Regeln in Frage zu stellen, was zu häufigen Konflikten mit Eltern und Lehrern führen kann. Dieser Widerspruchsgeist ist oft ein Versuch, mehr Autonomie und Kontrolle über das eigene Leben zu erlangen.

Stimmungsschwankungen

Während der Pubertät erleben viele Jugendliche extreme Stimmungsschwankungen, die von Hochstimmung bis hin zu Reizbarkeit oder Traurigkeit reichen können. Diese emotionalen Schwankungen werden durch hormonelle Veränderungen und den Stress der Identitätsfindung verstärkt.

Rückzug von der Familie

Viele Jugendliche distanzieren sich von ihren Eltern und verbringen mehr Zeit mit Freunden oder alleine in ihrem Zimmer. Der Rückzug ist ein natürlicher Teil des Prozesses, bei dem Jugendliche ihre eigene Identität und Unabhängigkeit finden wollen.

Leistungsdruck und schulische Probleme

Die Erwartungen in der Schule steigen oft während der Pubertät, und viele Jugendliche fühlen sich von den Anforderungen überfordert, was zu Leistungsabfall oder Motivationsverlust führen kann. Pubertierende sind nicht nur emotional, sondern auch geistig oft abgelenkt, was die Konzentration erschweren kann.

Selbstwertprobleme und Unsicherheiten

Das Körperbild und das Selbstbewusstsein können in der Pubertät stark schwanken, und viele Jugendliche fühlen sich unsicher oder unzufrieden mit sich selbst. Körperliche Veränderungen wie Wachstum, Gewichtszunahme oder Akne können zu einem negativen Selbstbild führen, besonders in einer Zeit, in der äußere Anerkennung durch Gleichaltrige an Bedeutung gewinnt.

Gruppenzwang und Risiko-Experimentieren

Jugendliche sind oft anfälliger für den Einfluss ihrer Peers, was sie dazu verleiten kann, riskante Entscheidungen zu treffen, wie z. B. Drogenkonsum oder andere riskante Verhaltensweisen. Der Wunsch, zur Gruppe dazuzugehören und akzeptiert zu werden, kann dazu führen, dass Jugendliche den Gruppendruck stärker spüren und diesem nachgeben.

Konflikte um Privatsphäre

Viele Jugendliche verlangen nach mehr Privatsphäre, was zu Streitigkeiten führen kann, wenn Eltern zu neugierig sind oder ihnen das Gefühl geben, überwacht zu werden. Der Wunsch nach Privatsphäre ist ein Zeichen dafür, dass der Jugendliche beginnt, seine eigene Identität zu entwickeln und die Grenzen zwischen Kindheit und Erwachsensein zu erkunden.

Schwierigkeiten bei der Kommunikation

Gespräche mit pubertierenden Kindern können oft schwierig sein, da sie sich entweder zurückziehen oder defensiv reagieren, wenn es um wichtige Themen geht. Jugendliche wollen oft nicht das Gefühl haben, bevormundet zu werden, und können daher schnell gereizt reagieren, wenn sie sich unverstanden fühlen.

Schlechte Impulskontrolle

Jugendliche neigen dazu, impulsive Entscheidungen zu treffen, ohne die langfristigen Konsequenzen zu bedenken. Der präfrontale Kortex, der für die Impulskontrolle und das vorausschauende Denken zuständig ist, entwickelt sich in der Pubertät noch. Das führt dazu, dass Jugendliche manchmal riskante oder schlecht durchdachte Entscheidungen treffen.

Identitätskrisen

In der Pubertät suchen Jugendliche nach ihrer Identität und fragen sich, wer sie wirklich sind und welchen Platz sie in der Gesellschaft einnehmen wollen. Dies kann mit Phasen der Selbstfindung und Unsicherheiten einhergehen. Jugendliche müssen in dieser Phase viele soziale Rollen ausprobieren, um herauszufinden, welche zu ihnen passt, was oft zu inneren Konflikten und Krisen führt.

Der Umgang mit pubertierenden Jugendlichen erfordert viel Geduld, Empathie und Flexibilität. Die Herausforderungen, die diese Phase mit sich bringt, sind Teil des natürlichen Prozesses, durch den Jugendliche zu eigenständigen Erwachsenen heranwachsen. Für Eltern und Erziehungsberechtigte ist es wichtig, eine Balance zwischen Fürsorge und Loslassen zu finden, um den Jugendlichen in ihrer Entwicklung bestmöglich zu unterstützen.

Unterhaltung zwischen einem Elternteil und einem Jugendlichen

Strategien zum Umgang mit Kinder in der Pubertät

Kinder in der Pubertät durchlaufen eine Phase großer körperlicher, emotionaler und geistiger Veränderungen, die oft zu Konflikten mit Eltern und anderen Autoritätspersonen führen. Wenn Kinder in dieser Phase nicht hören wollen, kann das frustrierend sein, aber es ist wichtig, ruhig und geduldig zu bleiben. Hier sind einige Strategien, die helfen können:

1. Offene und respektvolle Kommunikation:

  • Zuhören: Versuche, die Perspektive deines Kindes zu verstehen, und höre aktiv zu. Manchmal fühlen sie sich missverstanden oder nicht ernst genommen.
  • Respektvoll bleiben: Vermeide es, Vorwürfe zu machen oder zu viel Druck auszuüben. Respektvolle Gespräche auf Augenhöhe sind oft effektiver.

2. Grenzen setzen und konsequent sein:

  • Klare Regeln: Setze klare, verständliche Regeln und erkläre die Konsequenzen. Wenn die Regeln gebrochen werden, ist es wichtig, diese Konsequenzen konsequent durchzusetzen.
  • Verhandelbare und unverhandelbare Regeln: Es kann hilfreich sein, zwischen Regeln zu unterscheiden, über die man diskutieren kann, und solchen, die nicht verhandelbar sind, wie Sicherheit oder Respekt.

3. Geduld und Empathie:

  • Verständnis für die Phase: Erinnere dich daran, dass Pubertät eine herausfordernde Zeit ist. Jugendliche suchen nach Unabhängigkeit und Identität, was oft zu Widerstand führen kann.
  • Gefühle erkennen: Es ist wichtig, die Emotionen hinter dem Verhalten zu erkennen. Wut, Frustration oder Unsicherheit können oft der Grund für das „Nicht-Hören“ sein.

4. Eigenverantwortung fördern:

  • Entscheidungen zulassen: Gib deinem Kind die Möglichkeit, bei bestimmten Entscheidungen mitzubestimmen. Dies kann ihnen helfen, Verantwortung zu übernehmen und sich ernst genommen zu fühlen.
  • Konsequenzen ihres Handelns erleben lassen: In manchen Fällen ist es sinnvoll, sie die natürlichen Konsequenzen ihres Handelns erfahren zu lassen, um daraus zu lernen.

5. Positive Verstärkung:

  • Erfolge anerkennen: Lobe dein Kind für positives Verhalten und Erfolge, auch kleine. Das kann ihr Selbstbewusstsein stärken und die Beziehung verbessern.
  • Ziele setzen: Setze gemeinsam mit deinem Kind erreichbare Ziele, die es motivieren und zu positiveren Entscheidungen führen.

6. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen:

  • Wenn die Situation eskaliert oder sehr schwierig wird, kann es hilfreich sein, professionelle Unterstützung durch einen Familientherapeuten oder Berater in Anspruch zu nehmen. Diese können neutral helfen, die Kommunikation zu verbessern und Konflikte zu lösen.

Jeder Jugendliche ist anders, und es kann einige Zeit dauern, bis man die richtigen Ansätze findet. Wichtig ist, nicht die Geduld zu verlieren und offen für Anpassungen zu sein.

Professionelle Hilfe und Lösungsansätze

Familientherapie, systemische Beratung und Familienaufstellungen sind Ansätze, die bei Problemen mit pubertierenden Kindern helfen können, indem sie die Dynamiken innerhalb der Familie betrachten und die Kommunikation, das Verständnis und die Zusammenarbeit verbessern. Diese Methoden gehen über individuelle Gespräche hinaus und richten den Fokus auf das gesamte Familiensystem, was besonders bei Konflikten in der Pubertät von großem Nutzen sein kann.

1. Familientherapie

Die Familientherapie konzentriert sich auf das gesamte Familiensystem und zielt darauf ab, die Beziehungen und die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern zu verbessern. Dabei wird die Familie als ein interagierendes System betrachtet, in dem das Verhalten eines einzelnen Mitglieds (zum Beispiel eines pubertierenden Kindes) auch Auswirkungen auf andere hat.

Wie kann sie helfen?

  • Verbesserung der Kommunikation: Die Familientherapie hilft, Missverständnisse und Kommunikationsbarrieren zu erkennen und aufzulösen. Dies ist besonders wichtig in der Pubertät, wenn sich die Jugendlichen oft nicht gehört oder verstanden fühlen.
  • Verstehen von Verhaltensmustern: Therapeuten helfen der Familie zu erkennen, wie bestimmte Verhaltensmuster, die in der Familie bestehen, Probleme verursachen oder verstärken können. Wenn z. B. ein Kind sich distanziert oder rebellisch verhält, kann dies auf unausgesprochene Spannungen in der Familie zurückzuführen sein.
  • Konfliktlösung: Die Familientherapie fördert Techniken zur Konfliktbewältigung und hilft Familien, konstruktive Wege zu finden, um Differenzen zu klären. Dies kann das familiäre Zusammenleben entspannen und langfristig die Bindung zwischen den Mitgliedern stärken.

Beispiel: Ein pubertierendes Kind, das ständig gegen die Regeln rebelliert, könnte dies tun, weil es das Gefühl hat, zu wenig Raum für Autonomie zu haben. Die Familientherapie kann helfen, einen Dialog zu schaffen, in dem das Kind und die Eltern über die Bedürfnisse und Erwartungen sprechen und einen Kompromiss finden.

2. Systemische Beratung

Die systemische Beratung ist ein Ansatz, der das Verhalten eines Individuums im Kontext des gesamten sozialen Umfelds, insbesondere der Familie, betrachtet. Sie geht davon aus, dass Probleme nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Beziehungen und Rollen der Personen im System entstehen.

Wie kann sie helfen?

  • Rollenverständnis: Die systemische Beratung hilft dabei, zu erkennen, welche Rolle jedes Familienmitglied im Familiensystem einnimmt. Jugendliche in der Pubertät befinden sich oft in einem Spannungsfeld zwischen Kindsein und Erwachsenwerden, was zu Verwirrung und Konflikten führen kann. Die Beratung unterstützt dabei, diese Rollen neu zu definieren und anzupassen.
  • Stärkung der Familienresilienz: Durch den systemischen Ansatz wird die Familie darin unterstützt, besser mit Herausforderungen umzugehen. Es wird nicht nur das Problemverhalten des Jugendlichen behandelt, sondern die gesamte Familie wird gestärkt, um zukünftige Konflikte besser zu bewältigen.
  • Fokus auf Lösungen: Die systemische Beratung ist oft lösungsorientiert. Der Berater arbeitet mit der Familie daran, konkrete, umsetzbare Schritte zu entwickeln, um die bestehenden Probleme zu lösen. Das kann bedeuten, dass neue Wege der Kommunikation entwickelt oder familiäre Muster hinterfragt werden.

Beispiel: Wenn sich ein pubertierender Jugendlicher von der Familie zurückzieht und die Eltern ratlos sind, könnte die systemische Beratung aufzeigen, dass es innerhalb der Familie unausgesprochene Erwartungen oder Rollen gibt, die Druck auf den Jugendlichen ausüben. Gemeinsam wird dann daran gearbeitet, diese Erwartungen zu klären und den Rückzug zu verstehen.

3. Familienaufstellungen

Familienaufstellungen sind eine therapeutische Methode, die darauf abzielt, unbewusste Dynamiken und Muster innerhalb der Familie sichtbar zu machen. Dabei werden die Familienmitglieder (oder Stellvertreter) in einem Raum „aufgestellt“, um die Beziehungen, Konflikte und Bindungen zu visualisieren. Diese Methode kann helfen, versteckte, oft generationenübergreifende Probleme und ungelöste Konflikte aufzudecken.

Wie kann sie helfen?

  • Aufdecken von verborgenen Konflikten: Oft gibt es in Familien unausgesprochene oder unbewusste Konflikte, die das Verhalten eines pubertierenden Kindes beeinflussen. Eine Aufstellung kann helfen, diese unbewussten Dynamiken sichtbar zu machen und zu bearbeiten.
  • Verständnis von Loyalitäten und Mustern: Pubertierende Jugendliche sind oft gefangen in Loyalitäten zu einem oder beiden Elternteilen. Durch die Aufstellung wird deutlich, wie diese unbewussten Bindungen das Verhalten beeinflussen, z. B. wenn ein Kind versucht, durch Rebellion die Aufmerksamkeit eines abwesenden Elternteils zu gewinnen.
  • Emotionale Entlastung: Familienaufstellungen können emotionale Blockaden lösen, indem sie Familienmitgliedern ermöglichen, ihre Gefühle auszudrücken und neue Perspektiven auf familiäre Beziehungen zu gewinnen.

Beispiel: Ein pubertierender Jugendlicher, der sich sehr zurückzieht oder aggressiv wird, könnte durch eine Familienaufstellung zeigen, dass er unbewusst die Konflikte seiner Eltern „trägt“ oder versucht, familiäre Probleme auszugleichen. Die Aufstellung kann helfen, diese Dynamiken zu erkennen und zu entlasten.

Familientherapie, systemische Beratung und Familienaufstellungen bieten verschiedene, aber sich ergänzende Ansätze, um Probleme mit pubertierenden Kindern anzugehen. Sie alle konzentrieren sich darauf, das Familiensystem zu betrachten, um nicht nur das Verhalten des Jugendlichen, sondern auch die Dynamik und Muster innerhalb der Familie zu verstehen. Diese Methoden können dazu beitragen, Missverständnisse zu klären, die Kommunikation zu verbessern und gesündere, unterstützende Beziehungen zu schaffen.

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